Diese Ausstellung lädt Besucherinnen und Besucher ein, jüdisch-arabische Lebenswelten vom 19. bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts neu zu entdecken. Historische Fotografien aus dem Maghreb, Libyen, Ägypten, Syrien, Irak und Jemen zeigen den Alltag jüdischer Gemeinschaften inmitten muslimischer und christlicher Nachbarschaften. Märkte, Schulen und Stadtviertel bezeugen Austausch und gemeinsam gelebte Räume – „jüdisch“ und „arabisch“ galten lange nicht als Gegensätze, sondern als Ausdruck eines verflochtenen Miteinanders.
Im 19. Jahrhundert deuteten jüdische Historiker die Geschichte unter muslimischer Herrschaft als Epoche von Toleranz und kultureller Blüte. Sie betonten, dass Jüdinnen und Juden dort nicht nur Schutz fanden, sondern auch in Politik, Wissenschaft und Literatur eine bedeutende Rolle spielten. Dieses Bild wurde auch als Argument gegenüber dem christlichen Europa genutzt, um Gleichstellung einzufordern. Im 20. Jahrhundert trat dagegen stärker die Erinnerung an Einschränkungen, Feindseligkeiten und teils gewaltsamen Verfolgungen in den Vordergrund, welche die Sichtweise und das Selbstverständnis vieler Jüdinnen und Juden, die aus arabischen Ländern nach Israel flohen und auswanderten, bestimmte. Beide Deutungen – Harmonie oder Verfolgung – spiegeln weniger die Vergangenheit als vielmehr Bedürfnisse der jeweiligen Gegenwart.
Fotografien und Erinnerungen geben dabei nur Ausschnitte wieder – geprägt von kolonialer Dokumentation, familiärer Selbstinszenierung oder Erinnerungspolitik. Vereinfachende Lesarten blenden die Gleichzeitigkeit von Nähe und Ausgrenzung aus. So erscheint die jüdisch-arabische Vergangenheit nicht als abgeschlossene Epoche, sondern als umkämpftes Erinnerungsfeld, das bis heute wirkt.
Die Ausstellung umfasst neun Themenbereiche – von Alltagspraktiken und religiösem Leben über Handel bis hin zu Kultur und Bildung – und endet mit der Flucht und Auswanderung nach der Gründung des Staates Israel.
Ziel ist nicht Verklärung, sondern Erinnerung: sichtbar zu machen, dass jüdisch-arabische Geschichte von Vielfalt, Nähe und Feindseligkeiten zugleich geprägt war – und Impulse für neue Blicke auf die Gegenwart zu geben.
Die Ausstellung ist eine Kooperation der Abteilung für Judaistik der Ludwig-Maximilians-Universität und dem Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe.
Zu sehen vom 25. 9. bis 24. 10. (außer am 28. 9. und 3. 10.) täglich von 12 bis 19 Uhr, der Eintritt ist frei.
Bitte beachten Sie, dass die Seidlvilla kein ausschließlicher Ausstellungsort ist, sondern vielfältig genutzt wird. Deshalb gibt es immer wieder Zeiten, in denen einzelne Ausstellungsräume mit Seminaren oder anderen Veranstaltungen belegt sind.
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